Montag, 24. Juni 2013

Bobby Bland 1930 - 2013 "Ask me 'bout nothing but the Blues"

Mein liebstes Stück von meinem liebsten Soul Sänger. Trotz des mir bekannten Upbeats von Motown und Northern Soul stellte ich mir als Teenie immer eine andere Soul Musik vor, eine, die geheime Türen zu größten Dramen und unbekannten Empfindungen öffnen würde. Ich las Rezensionen über zwei Compilations auf dem hippen Reissue Label Kent, welche diese unbekannte Welt enthalten sollten, wenn ich die beschreibenden Worte in der Spex recht verstand. Tatsächlich schreckte mich das Eröffnungsstück von "Cry Cry Crying" (Kent 030) wortwörtlich zutiefst, Allen Toussaints "From a whisper to a scream" war wie jener Moment in Albert Lewins "The picture of Doran Gray" wenn plötzlich das farbige Bild in den schwarz-weissen Film einbricht: ein ästhetischer Schock. Aber genau das suchte der Gymnasium-Spätwaver ja. Auf "Pure Soul" (Kent 019), welche ich ein paar Wochen später (ebenfalls bei Pure Freude) kaufte, war es ein anderes Stück, was mich über all die andere wunderbare und emotional oft überfordernde Musik hinweg faszinierte: Bobby Blands "Ask me 'bout nothing (but the Blues)" erzählte mir von etwas, das ich nicht kannte, die Verzweiflung eines Erwachsenen, eines Menschen dem Ausgrenzung und Niederlagen nicht fremd waren, eine Geschichte der schwarzen Musik in einem Song - und irgendwas in all dem naiven Teenager Empfinden verstand oder war gerührt von einer Dramatik, die anders war als auf dem "Lexicon of Love" aber auch meilenweit von Ben Watts Introspektion oder Eyeless in Gazas Leiden. Über die Jahre hinweg hat sich das Lied gehalten, es gesellte sich Sam Cookes "A change is gonna come" an seine Seite und es fiel mir ein, als ich, nun selber Spex Seiten vollschreibend, nach den tollsten Singles aller Zeiten gefragt wurde. Da hatte ich es jahrelang nicht gehört und ich weiss, wie ich auf meinen Bett lag, den karierten Zettel, weil er mathestundenerprobt immer gut war für Listen, neben mir und ich selber überrascht, vielleicht, weil ich dachte, es ginge immer weiter oder weil der Song doch eigentlich so unscheinbar war, fern aller formaler Revolution. Aber manches geht nicht weiter, manches wurde einmal so gesagt, wie es vielleicht kein zweites Mal zu sagen ist. Bobby Bland hat diese Aufgabe an anderen Songs noch ein paar Mal gemeistert und er war auch in Nachmittagskaffeelaune immer noch in der Lage, den Zauber eines verliebten Sonnenaufgangs zu vertonen. Doch dieser Moment der absoluten Einsamkeit, der Antwort, welche keine Lösung beinhaltet, dieses so zurückhaltende wie zugleich nahezu anmassende Statement, das habe ich irgendwo dort untergebracht und gut gehütet, wo man es mit Soul tun solle. Ich wage nicht zu behaupten, das Lied je in seiner Gänze verstanden, im Sinne von Soul verstanden zu haben und ich bin froh, wenn ich es nie verstehen lerne, aber ich mag es gut gebettet und zwischen Innigkeit und respektvoller Distanz gehütet wissen. Nein, das ist nicht mein Leben, aber es ist eine Lektion in Leben. Danke Bobby Bland.


Ein Link zum Song: Bobby Bland - Ask me 'bout nothing (but the Blues)

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